Friday, October 31, 2008

Kirchhorst, 3. Juli 1939


Der Garten beginnt recht gut zu tragen. Auch werden schon Beete für die zweite Bestellung frei.

Im Traume sah ich über einer ausgestorbenen Landschaft eine Staffel von Kampfflugzeugen, von denen eines beim dritten Schuss einer Abwehrbatterie brennend zur Erde fiel. Das Schauspiel vollzog sich inmitten einer völlig mechanisierten Welt; ich betrachtete es mit bösartiger Genugtuung. Der Eindruck war bedeutender, durchdringender als im Weltkriege, weil die Rationalität des Vorgangs gewachsen war. Nichts Episodisches - die Flugzeuge bewegten sich wie elektrisch aufgeladene Teile über einer gleichfalls unter Spannung steheden Welt. Der Treffer rief den tödlichen Kontakt hervor.

Dann weite Felder, auf denen Erntemaschinen liefen; menschliche Wartung war nicht zu sehen. Nur über einen Stoppelacker wurde eine grosse Egge geführt. Sie war mit ockerfarbigen Sklaven bespannt, die ein riesiger Aufseher leitete. Er schlug sie, bis sie schrien und fielen, dann schlug er sie, bis sie zu schreien aufhörten. In diesem Vorgang lag ein Widerspiel stupider Gewaltanwendung und stupiden Leidens, das mich verzweifeln liess.

Am Tage, als ich im Garten war, fiel mir das Traumbild wieder ein. Nun sah ich es als eine Mahnung an; mir wurde die Verantwortung bewusst, die solche Einsicht mit sich bringt.

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