Wednesday, October 29, 2008

Kirchhorst, 27. Mai 1939


Fortschreitende Besserung. In den "Marmorklippen" ersetzte ich, vorläufig, den Namen "Kupferottern" durch "Lanzenottern", was zoologisch mehr Zwielicht hat. Auch kondenziere ich, dass auf den Marmorklippen Geier zu Hause sind. Endlich muss ich mich über grosse Hunderassen unterrichten, damit der Kampf der Hetzer genau genug gerät. Im Treffen der Hunde mit den Schlangen schwebt mir die Begegnung des Blutes mit einer seiner Quitessenzen, dem Gifte, vor.

Am Nachmittag mit Friedrich Georg in Moormühle, wo wir dann beim Kaffee an den Autofahrern Studie machten, sodann nach Heessel und auf schmalen Pfaden in die Wälder um Kolshorn. An einem Kreuzweg erfreute uns ein alter Wegweiser aus Eichenholz, als eine der saturnischen Gestalten, wie sie Kubin liebt. An dieser Stelle hörte ich zum ersten Mal im Jahre in den Eichenkronen die hellen Glockentöne des Pirols.

Im Fahren erklärte mir Friedrich Georg, der sonst nur selten über seine Arbeit spricht, den Aufbau einer Schrift, die ihn beschäftigt und den Titel "Die Illusionen der Technik" führt. Er erwähnte dabei das Hinken des Wieland und des Hephäst als typischen Defekt. Dann über die Art des Feuers, das Prometheus den Göttern stahl. Im Wechsel des Gespräches kamen wir auf die Orgie des Dimitri Karamasow; als Prunk- und Schreckensstück slawischer Lust. Dahinter ragt der Vatermond symbolisch auf. Bei dieser Unterhaltung flog eine Turteltaube im heissen Tannicht vor uns her, von zierlicher Gestalt, mit hellem Fächerband.

Spät noch im Garten Kohl, Sellerie und Tomaten gut gedüngt. Auch hierfür gilt mein Sprüchlein, dass man mit den Gewürzen erst im Lauf der Jahre sichere Hand gewinnt.

(Bild: Der Pirol, Oriolus oriolus)

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