Wednesday, October 22, 2008

Kirchhorst, 11. April 1939


Lauch, Spinat, Mairettich gesät. Auch sah ich die Erbsen keimen - zu meiner Erleichterung, denn es ist fast eine fixe Idee von mir, dass nichts aufgehen wird. Zu meiner Entlastung muss ich sagen, dass alles was wir heute treiben, solchem Zuwachs wiederspricht, der über Nacht und ohne unser Zutun vor sich geht. Uns fehlt vor allem eine Tugend, die man die Kunst des Sich-beschenken-Lassens nennen kann. Hierein muss man kindlich bleiben, dann kommt das Glück von selbst. Ich glaube sogar beobachtet zu haben, dass das Geld - ich meine nicht das abstrakte, sondern das konkrete Geld, etwa der Erbschaften, Geschenke und Gewinne - sich ganz bestimmten Empfängern zuwendet. Das ist nicht so seltsam, wie es scheint, denn jeder Schenkende wird den bevorzugen, der auch Geschenke zu empfangen weiss. Daher teilen wir doch alle den Kindern aus.

Dieses Verhältnis spielt in die Aufteilung des Erbes ein und bildet den verborgenen Grund der Streitigkeiten, die daraus entstehn. Die Eltern möchten gern, dass ihre Kinder tüchtig werden, und dennoch gilt ihre Liebe immer denen, die am meisten Kinder sind. Daher sind sie auch leicht geneigt, den Jüngsten besser zu versorgen, und legen so den Keim zum Bruderzwist, Auf diese Weise wird der Tüchtige, wie einst Kain, gekränkt.

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