Saturday, October 25, 2008

Kirchhorst, 28. April 1939


Lebhafte Nacht. Zunächst erschien mir Kniébolo, den ich schwächlich und melancholisch und des Anschlusses bedürftig fand. Er reichte mir herrlich vergoldetes Konfekt; man hatte ihm davon, wie er sagte, Unmengen zu seinem Namenstag geschenkt. Sodann sah ich ein Bild der Lebensbahn, die wie ein Sprunggraten gebildet war. Es gab da Labyrinthe, spiegelbildliche Abteilungen und viele Schranken, die nur nach einer Richtung zu durchschreiten waren; auch Pforten, die ins Freie müdeten.

Dannn leuchtete eine neue Fluoreszenz mir ein - aus Gold und Blau. Ich schüttelte in einer Schale Kristalle und Kügelchen, die bald in reinem Gold, bald leuchtend blau erglänzten, und während dieses Schwenkens stieg ein leichter Donner aus dem Gefässe auf. 

In einem Kreis illustrer Handwerksleute stellte ich mich als Silbenstecher vor.

Um zwölf Uhr mittags in Perpetuas Zimmer am Radio. Perpetua , Louise und die dicke Hanna sassen auf Stühlen, während ich auf dem Sofa lag, fast wie in Mauretanien. Dann Kartoffeln gesteckt, wobei man hierzulande eine Hacke mit breiten Blättern und einen weiten Rechen zum Furchenlegen benutzt. Dieses Werkzeug wird Tog, sprich Toch, genannt, was wohl mit Ziehen zusammenhängt. Stockrosen umgepflanzt. Unterhaltung mit dem Glaser, bei dessen Anblick ich mir, übrigens zum ersten Mal im Leben, dachte: "So möchtest du später auch aussehen", denn er verband die Alterszeichen mit einer angenehmen Art von Kindlichkeit. Der kleine Alexander, der jeden "Onkel" nennt: die Kinder wissen noch, dass alle Menschen Brüder sind.

Der starke Balken am Scheunentor wird hier der Dössel genannt.

(Bild: Der Kniébolo)

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