Monday, October 27, 2008

Kirchhorst, 9. Mai 1939


Bei immer noch kühlem und feuchtem Wetter Kohl und Sellerie gepflanzt.

Die Feuchtigkeit als Lebenselement. Andrang der Säfte beim gesteigerten Genuss: das Wasser, das uns vor guten Bissen im Mund zusammenläuft, die Wallung des Blutes und die Sekrete beim Liebesspiel. Wir stehen im Saft. Auch Schweiss und Tränen bedeuten, dass das Leben in tiefern Regionen der Gesundheit tätig ist. Schlimm stehts um den, der nicht mehr schwitzen und nicht mehr weinen kann. Dann das Humide im Geistigen, etwa das Saftige, das Moosige und Wälderfrische im Gedicht. Vor allem das Quellende, der Überfluss an Worten und Bildern, in den die festen Partikel schwimmend eingebettet sind.

Die Feuchtigkeit bei Rubens, besonders an den Stellen, an denen das Fleisch sich rostig färbt. Unübertrefflich ist dort alles, was Lust am Leben ist. Bei den Romanen ist das feuchte Element verborgener, oft wie in Muscheln eingeklappt. Damit hängt auch zusammen der Hunger oder vielmehr Durst nach nördlicherem Blut.

Dagegen die Qualität des Trockenen. Süsse, Arom. Nietzsches Wendung zum Trockenen, zur Wüste, zu den goldschwürigen Datteln, von Wagner zu Bizet. Das intensive Leben, das durch Aufgüsse entsteht. Oasen. Zisternen. Harems. Intarsia.

(Bild: Bündnis der Erde mit dem Wasser, Peter Paul Rubens, 1618)

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