Thursday, October 30, 2008

Kirchhorst, 4. Juni 1939


Im Garten herrscht grosse Trockenheit, daher sind wir nach Sonnenuntergang mit Eimern und Kannen unterwegs. Nach solcher Giesskampagne fallen die beiden Arbeitsstunden am Abend aus, in denen ich noch Papiere ordne und Briefe schreibe, doch ist die Zeit nicht übel angewandt. Im Herbst gedenke ich Torf und Laub einzugraben, damit der Boden besser das Wasser hält.

Am Morgen in der Kirche, wo der neue Pastor aus Isernhagen predigte. Nachmittags zur Fillekuhle, auf welchem Wege Friedrich Georg mir einen zweiten Vortrag über die "Illusionen der Technik" hielt. Am Abend las ich drei Gedichte von ihm auf Fahnen, die Herbert Steiner aus Zürich sandte und von denen das mit der Überschrift "Die Mutter" mir vor allem durch seine Kraft gefiel. Er meinte, dass diese Art von Versen, in denen die Elemente sich bewegen, ihm heute nicht mehr gelinge, weil seine Sprache stärker auf die Schilderung des Reglosen gerichtet sei. Dann Unterhaltung über das Bild vom Liebeszauber, Rimbaud, Rodin, das Erechtheion auf der Akropolis. Die Nähe von Friedrich Georg ist seit den Kindertagen ein grosser Trost für mich.

(Bild: Das Erechtheion, zwischen 420 und 406 v. Chr. erbaut)

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