Sunday, December 14, 2008

Karlsruhe, 1. März 1940


Es ist ein wenig wärmer geworden, doch liegt der Schnee noch hoch in den Waldschlägen, und der Frost hält sich tief im Boden versteckt. Auch zieht es in den Nächten wieder an. Das war ein Winter, der die Sehnsucht nach dem Frühling heftiger weckt, gleich dem von 1928/29, auf den ich dann nach Marseille und zu den Balearen fuhr.

Vom Schiessen zurückkehrend, ritt ich durch einen alten Eichenschlag der Hardt und dachte, so halb im Sinnen: "Das müsste Weide für einen Schwarzspecht sein." Im gleichen Augenblick, wie aus dem Gedanken heraus geboren, sah ich das Tier, zum zweiten Mal in meinem Leben, mit glutrotem Schopf aus einem dürren Wipfel im Wellenflug abstreichen. Ich fasste das beinahe als ein Wunder, wie eine eigene Schöpfung auf - ganz ähnlich wie in den Träumen sich die Dinge nähern, an die man denkt. Und doch gings mir mit Blumen, Tieren und auch mit Menschen schon oft im Leben so. Das ist auch eine der höheren Stufen und der unerhörten Reize bei der Insektenjagdt, und der ganz gelehrte Apparat nur Handhabe dazu. Wo immer uns das Gefühl der Harmonie mit Macht ergreift, springen die Einzelheiten zauberhaft und gleich dem letzten Pinselstrich hinzu.

So ists vor allem mit dem Augenblick des Glückes selbst. Die Dinge sind gestimmt; die Welt steht im Akkord. Nun hängt es von uns ab, ob wir das "Sesam" sprechen wollen, das uns den Überfluss erschliesst.

(Bild: Dryocopus martius, Der Schwarzspecht)

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