Tuesday, July 28, 2009

Gercy, 1. Juni 1940

Nachts starke Träume, als ob ein Stoff in den verlassenen Wohungen webte, in dem die Traumvegetation zu wuchern beginnt. Es war mir, also ob ich den Kern oder das Gerippe dieses Krieges einsähe.

Ein weiterer Ruhetag in Landifay. Vormittags Appell in Stiefeln, dann Spaziergang nach einem Vorwerke. Ein Puter, Hühner, Enten mit metallischem Gefieder und roten gehörnten Schnäbeln auf dem leeren Hof. In den Speichern Wolle, Hafer, Mais und Korn. Im Speisezimmer war ein grosses Festmahl auf weisse Linnen und mit vielen verschiedenen Gläsern aufgebaut. Die Überreste von Hühnern und Gänsen lagen noch auf den Schüsseln, schon anrüchig, und zwischen halbgeleerten Weinflaschen standen auch solche voll Olivenöl und tierärztlichen Medizinen, in denen die hastigen Zecher wohl Likör erhofft hatten.

Ich suchte zunächst die Hühnerställe nach Eiern ab und trieb dann Unfug, wie durch die Einsamkeit berauscht. So stieg ich auf einen hohen Wasserturm. In einem der Flure erblickte ich einen grossen roten Feuerlöscher, und da ich diese Dinger nie in Betrieb gesehen hatte, stiess ich ihn auf den Boden und entlockte ihm einen weissen, schäumenden Strahl. Plötzlich aber wurde mir bei dieser Beschäftigung widrig zumute, und ich ging in den Ort zurück. Dort liess ich die Quartiere reinigen, auch schlachteten wir einen Sier. Gerade, als alles in Ordnung war, kam Marschbefehl.

Im Nachtmarsch erreichten wir Gercy, wo wir nur noch einige wenige Einwohner antrafen. Wir wurden zu dritt bei einer alten Dame untergebracht, die uns empfing, als ob das Schlimmste von uns zu erwarten sei.

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