Monday, January 5, 2009

Friedrichstal, 16. April 1940

Gestern, am Nachmittag, brach ein Föhnwind in das Rheintal ein, der mich indessen nicht wie sonst bedrückte, sondern belebte und erheiterte. Der Auwald erschien mir in der klaren Luft so königlich - das junge Gras durchsichtig, smaragden leuchtend, und die Pappeln als helle, schlanke Schäfte, in denen Anmut wohnt und deren hoher Wuchs den Menschen, der unter ihnen wandelt, mit Stolz begabt. Die ersten Schwalben spielten in den noch kahlen Kronen, die Enten strichen zu Paaren aus dem Röhricht der stillen Tümpel ab, das Bläshuhn tauchte leise in ihre Tiefe ein.

Um elf Uhr wurden wir abgelöst und marschierten bei hellem Mondschein bis Baaden-Oos, wo wir in einer Kaserne übernachteten. Bei Tagesanbruch fuhren wir mit der Bahn nach Bruchsal und erreichten von dort bei strömenden Regen die auf vier kleine Orte verteilte Unterkunft. Zwei Kompanien, darunter die meine, bezogen Quartier in Friedrichstal, einem der Haupplätze der badischen Tabakkultur. Ich kam im oberen Stockwerk einer kleinen Villa unter, die einem Zigarrenfabrikanten gehört, in einem Zimmer, von dessen Fenstern man einen schönen Ausblick auf die Hardt geniesst.

Wir werden hier einige Wochen in Ruhe liegen und ausbilden.

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